Allerheiligenrede des Bürgermeisters

Allerheiligenrede des Bürgermeisters

Hohe Geistlichkeit!
Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, liebe Stadt- und Gemeinderäte!
Werte Vertreter der Feuerwehren!
Liebe Musikerinnen und Musiker, geschätzte Sängerinnen und Sänger!
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Jugend!

In einer altbewährten Tradition haben wir uns auch heuer wieder vor dem Kriegerdenkmal hier am Kirchenplatz versammelt, um der vielen Verstorbenen der beiden Weltkriege zu gedenken! Das Jahr 2014 ist aber in mehrfacher Hinsicht ein besonderes Jahr, um an diesem Ort innezuhalten und eine kurze „Reise in die Vergangenheit“ anzutreten.
Vor genau 100 Jahren brach der Erste Weltkrieg aus, unmittelbar ausgelöst durch die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Frau Sophie bei einem Besuch in Sarajevo. Am Anfang war fast von einer Kriegseuphorie die Rede, am Ende standen aber eine schwere Niederlage Österreich-Ungarns und der Zusammenbruch der Monarchie. Schätzungen zufolge mussten weltweit rund 17 Millionen Menschen in Folge der Kriegshandlungen ihr Leben lassen. Der Erste Weltkrieg gilt historisch betrachtet wegen seiner bis in die jüngste Vergangenheit nachreichenden Folgen unter Historikern als die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“. Die Auseinandersetzung um die Kriegsschuldfrage führt u.a. auch dazu, dass eine direkte Konsequenz des Ersten Weltkrieges die Erstarkung des Nationalsozialismus in Deutschland und jene des Faschismus in Italien zur Folge hatte. Auf kulturellem Gebiet bedeutete der Erste Weltkrieg ebenfalls eine Zäsur. Das vieltausendfache Fronterlebnis in Schützengräben und „Stahlgewittern“, das Massensterben und die notbedingten Umwälzungen des Lebensalltags auch der Zivilbevölkerung veränderten Maßstäbe und Perspektiven von Künstlern und Schriftstellern in fast allen Ländern.

Das Jahr 2014 liefert uns aber auch in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg eine traurige Vergleichszahl, ist es doch heuer 75 Jahre her, dass der Zweite Weltkrieg mit Hitlers Angriff auf Polen startete. Viele kennen ja Hitlers damaliges Zitat: „Seit 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen!“, mit dem er in einer Radioansprache den Kriegsbeginn verkündete. Den Verlauf und die dramatischen Folgen dieses furchtbaren Krieges will ich hier nicht näher beschreiben. Die Schätzungen schwanken zwischen weltweit 50 und 80 Millionen Toten, die direkt durch die Kampfhandlungen bzw. auch indirekt zu beklagen waren. Eine Horrorzahl, die ihresgleichen sucht. Auch bei uns gab es fast keine Familie, in der es nicht Kriegsopfer zu beklagen gab.

Daher soll uns das diesjährige Gedenken hier am Kriegerdenkmal vielleicht noch ein wenig deutlicher als sonst ins Bewusstsein rufen, wie wichtig die Erhaltung des Friedens ist. Gerade wir hier in Kerneuropa sind nun schon über Jahrzehnte von größeren kriegerischen Auseinandersetzungen verschont geblieben und wir sollten wirklich drauf achten, dass wir aus der Geschichte lernen und die Friedensphase erhalten bleibt. Man kann zur EU stehen wie man will, aber Faktum ist, dass sie uns die längste friedliche Periode gebracht hat, die es bisher für unser Heimatland gegeben hat. Schaut man aber weiter in die Welt hinaus, ist gerade das Jahr 2014 ein besonders trauriges und tragisches Jahr. Es gibt besonders viele aktuelle Unruheherde, einige davon gar nicht so weit weg von unseren Landesgrenzen (Stichwort: Ukraine). Andere bekannte Kriegszonen, wie der Nahe Osten, zeigen sich derzeit als besonders explosiv, auch durch immer radikaler werdende Gruppen, wie die IS-Kämpfer, denen ein Menschenleben wirklich absolut egal zu sein scheint. Die Brutalität wie diese Organisationen – und das noch im Namen des Glaubens, hier ist es der Islam – vorgehen, ist absolut verabscheuungswürdig und erschütternd.

Wir Österreicher sollten daher alles tun, damit wir in Zukunft weiter hier in Frieden leben können. Dazu gehört neben einem gewissen politischen Geschick, auch ein Mindestmaß an Ausrüstung und Personal zur Landesverteidigung. Wenn ich mir aber die aktuelle Diskussion um Sparmaßnahmen im Bereich des Bundesheeres anschaue, wird mir ein wenig mulmig. Neben gewissen Basisfunktionen für den Fall, dass wir unser Land verteidigen müssen, ist vor allem der Katastrophenschutz eine Säule, auf die gerade wir uns aufpassen sollten. Wir haben es in unserer Heimatregion speziell im Jahr 2006 bei der Hochwasserkatastrophe erlebt, wie wichtig ist, neben den Freiwilligen Feuerwehren und anderen Blaulichtorganisationen, auch das Bundesheer zu haben, das im Ernstfall mithilft und den Menschen bei der Katastrophenbewältigung zur Seite steht.

Schauen wir aber auch im persönlichen Umfeld darauf, dass der Umgang miteinander ein friedvoller ist. Nutzen wir die demokratischen Instrumente, die uns die Österreichische Bundesverfassung gibt und nehmen wir beispielsweise an den diversen Wahlen, die nächste ist übrigens die Gemeinderatswahl am 25. Jänner 2015, teil. Es sollte den einzelnen Bürgern nicht egal sein, wer in den diversen Entscheidungsgremien sitzt bzw. wer bestimmte politische Positionen ausübt. Die Geschichte hat uns gezeigt, dass da sehr schnell eine Fehlentwicklung eintreten kann. Mahatma Ghandi hat gesagt: „Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn der Frieden ist der Weg“. Ich glaube, dass gerade dieser Satz auch unser Leitspruch für die Zukunft sein sollte.

Abschließend möchte ich mich heuer in ganz besonderer Weise vor jedem der unzähligen Opfer der beiden Weltkriege, derer wir hier vor diesem Mahnmal gedenken, verneigen und festhalten, dass wir allen ein besonderes Andenken bewahren werden. Nehmen wir alle unsere Verantwortung ernst, dann wird der Tod dieser Menschen vielleicht nicht ganz umsonst gewesen sein. Traditionsgemäß dürfen wir nun auch heuer wieder seitens der Stadtgemeinde Raabs/Thaya zum Gedenken an die Opfer dieser furchtbaren Kriege einen Kranz zum besonderen Gedenken niederlegen!

04.11.2014