Das Gebiet von Raabs an der Thaya, an der Grenze im nordwestlichen Teil Niederösterreich, spielte seit jeher eine wesentliche Rolle in der Geschichte Österreichs. Der tschechische Name für Österreich: "Rakousko" leitet sich vom früheren Namen der Herrschaft ab und bedeutet "Das Land hinter Raabs".
Stich von Georg Matthäus Vischer, 1672
Vor ca. 900 Jahren erfolgte die planmäßige Besiedlung des Raumes um Raabs. Die erste schriftliche Erwähnung von Raabs findet sich in der "Chronica Bohemorum". Die Geschichte des Ortes Raabs beginnt gleichzeitig mit der Geschichte der Burg, die im letzten Viertel des 11. Jh. errichtet wurde. Es handelt sich um einen planmäßig angelegten Markt mit einem dreieckigen Platz, der schon sehr früh mit einer Stadtmauer umgeben wurde. Obwohl die zwei Tortürme im vorigen Jahrhundert abgetragen wurden, ist ein großer Teil der Stadtmauer noch erhalten. Die Burg Raabs liegt auf einem markanten Felsen über dem Zusammenfluss der beiden Thayaflüsse. Der Burghügel war schon seit der Jungsteinzeit besiedelt, wie Keramikfunde aus dieser Zeit beweisen. Im Museum Raabs können diese Funde besichtigt werden.
Hauptplatz Raabs, 1930
Ein wichtiger Punkt in der Geschichte von Raabs ist der Aufstieg von Raabs unter den Puchheimern. Die Puchheimer erwarben die Burg und den Markt Raabs 1358. Zahlreiche Privilegien und Rechte wurden für den Markt Raabs und das umliegende Gebiet erwirkt. Die Burg erhielt unter ihnen durch viele Zu- und Umbauten ihre heutige Gestalt. 1702 wurden die Besitzungen an Franz Anton - Edlen von Quarient und Raall - verkauft. Dieser vergrößerte den Besitz durch Zukauf angrenzender Herrschaften. 1760 verkaufte seine Familie an Freiherrn Johann Christoph v. Bartenstein, der aus einer alten thüringischen Adelsfamilie stammte. Auch der Erzieher des späteren Kaisers Joseph II. war ein Bartenstein.
Pfarrkirche und Volkschule Raabs, 1900
In Raabs waren viele kleingewerbliche Textilbetriebe angesiedelt, welche die heimische Leinwand und später Wolle bzw. Baumwolle verarbeiteten. Es gab bis 1844 auch eine Papiermühle. Mehrere Zünfte (z. B. Schuster, Schneider, Fleischhauer, Schmiede, etc.) hatten hier ihren Sitz. Um 1900 waren die Vieh- und Pferdemärkte sehr bedeutend. Im Jahr 1848 löste sich der Markt mit der Aufhebung der Grundherrschaft aus dem Abhängigkeitsverhältnis gegenüber dem Schlosse und wurde eine freie Gemeinde. 1926 wurde der Markt zur Stadt erhoben. Die Herrschaft wurde mehrmals verkauft und war seit 1912 im Eigentum des reichen Textilfabrikanten Baron Klinger von Kingerstorff. Nach dessen Konkurs 1932 wurde leider das Schlossinventar versteigert. Ein flämischer Teppich des 16. Jahrhunderts aus der Burg Raabs ist heute in New York (The Cloisters) zu besichtigen! Die große Burg mit Bauteilen aus der Zeit der Romanik, Gotik und Renaissance - es wurden Fresken im Rittersaal freigelegt - beeindruckt heute noch den Besucher, auch wenn sie fast leer ist.
Burg Raabs, 1910
Seit Anfang der 70er Jahre wurde die Burg renoviert und für wechselnde Ausstellungen und Konzerte genützt. Führungen sind nach Vereinbarung mit dem Burgbesitzer möglich (Mag. Richard Pils, Tel. 02856 3794).